Artikel: Redesign: Die S-Bahn fährt in Zukunft im allerneusten Look
Fahrgäste sollen mit farblichen Akzenten besser zu Mehrzweckabteilen gelenkt werden. Der neue Anstrich soll auch Ausdruck für die digitale Zukunft sein.
Die Region bekommt ab Ende 2021 insgesamt 58 neue S-Bahn-Fahrzeuge des Typs 430. Damit können zu den Hauptverkehrszeiten alle Züge mit der maximal möglichen Zuglänge fahren. Ebenso sind weitere Angebotsausweitungen möglich. Für das Wachsen der Flotte von heute 157 auf dann 215 Elektrotriebwagen investiert der Verband Region Stuttgart über 420 Millionen Euro. Von den neuen Fahrzeugen steuert zwei die DB Regio AG bei.
Außendesign
Die gesamte Fahrzeugflotte soll von außen ein ansprechendes Erscheinungsbild erhalten, das neben Komfort noch einen Zusatznutzen für die Fahrgäste bringt. Deshalb werden alle Fahrzeuge in einem Redesign neugestaltet. Das heißt bildlich gesprochen: Die Züge bekommen innen wie außen einheitlich ein vorzügliches Aussehen.
Eine neue Außenlackierung für die Fahrzeuge steht ohnehin turnusmäßig an. Das liegt nicht zuletzt daran, dass die S-Bahnen im dauerhaften Einsatz permanent der Witterung ausgesetzt sind. Und da hatten die Verantwortlichen eine besondere Idee. Die hängt damit zusammen, dass man sich zur Verkürzung von Haltezeiten an den Stationen nicht erst seit der leuchtenden Bahnsteigkante mit dem Thema Fahrgastlenkung befasst. Man begann darüber nachzudenken, wie Elemente zur Fahrgastlenkung deutlich sichtbar im Außendesign eines Zuges angebracht werden können. Denn wer kennt die Situation auf dem Bahnsteig nicht: Wenn mehrere Fahrgäste vor einem stehen, sieht man nicht, wo man mit dem Fahrrad, Koffer oder Kinderwagen den entsprechenden Zugteil findet. Auf dem Bahnsteig heißt es dann gegen den Fahrgaststrom ankämpfen und dabei geht bis zur Abfahrt eines Zuges wertvolle Zeit verloren.
Damit sich die Fahrgäste also leichter orientieren können, werden die Mehrzweckabteile für Rollstühle, Kinderwagen und Fahrräder in blauer Farbe und der Servicebereich der 1. Klasse in gelber Farbe über die gesamte Fahrzeughöhe und in ihrer gesamten Länge außen markiert und mit entsprechenden Symbolen gekennzeichnet. Da dies nur in reduzierter Farbumgebung wirken kann, ist die neue Grundfarbe der Fahrzeuge Lichtgrau. Um die in den Metropolenverkehren für schnelle Fahrgastwechsel wichtigen Türbereiche deutlich erkennbar zu halten, bekommen diese einen Anstrich in der Kontrastfarbe Schwarzgrau. Im Fokus des Außendesigns steht somit ausschließlich der Kundennutzen.
Innendesign
Zusätzlich zum modern anmutenden Außendesign optimiert die S-Bahn Stuttgart auch das Fahrzeuginnere. Hier lässt man sich vom Münchener Designstudio Neomind inspirieren. Die Vorstellung: In der Fahrzeugmitte gibt es neue geräumige Mehrzweckabteile. So haben zum Beispiel Kinderwagen, Rollstühle oder Fahrräder noch mehr Platz. Durch die neue Aufteilung können Zweiräder im eigenen Abteil sicher abgestellt werden. Zusammen mit mehreren Sitzplätzen im Fahrzeug, an denen zukünftig Steckdosen nutzbar sein werden, profitieren die Fahrgäste von einem Innenraumkonzept der Fahrzeuge mit deutlich höherer Aufenthaltsqualität. Dies wird ergänzt durch weitere Monitore im Fahrzeug, über die die Fahrgastinformation verbessert wird. Nicht zuletzt wird in allen Fahrzeugen ein technisches Zählsystem integriert, welches die Zahl der einsteigenden und aussteigenden Fahrgäste in einem Zug erfasst. Dadurch erhofft sich die S-Bahn Stuttgart in absehbarer Zeit, eine Auslastungsanzeige der Bahnen in den digitalen Fahrplanservices abbilden zu können.
Und nicht zuletzt werden die Fahrgäste in der Region Stuttgart auch weiterhin in den Genuss des Komfortvorteils WLAN kommen. Alle Fahrzeuge der S-Bahn sind für das Surfen im Internet ausgerüstet. Das ist ideal, um die Fahrzeit bestmöglich nutzen zu können. Dazu bieten die S-Bahn und der Verband Region Stuttgart auch ein eigenes Info- und Entertainmentportal an. Das Portal hält unter sbahnstuttgart.zugportal.de nicht nur Nachrichten und Tipps aus Region, Land und Welt für die Fahrgäste bereit, sondern auch die topaktuellen Informationen zur augenblicklichen Zugfahrt. Die S-Bahn Stuttgart ist also fit für die digitale Zukunft. Ihr neues Außen- und Innendesign soll dem auch nachdrücklich Ausdruck verleihen.
Große Symbole, sowohl oben als auch unten am Wagen, ermöglichen es zusätzlich, die Abteile für Kinderwagen, Fahrräder oder Rollstühle schnell und einfach zu finden.
Bei der neuen S-Bahn sind die Aufenthaltsbereiche farblich abgesetzt, damit man sich schneller und besser orientieren kann.
Dr. Dirk Rothenstein, Vorsitzender der Geschäftsleitung der S-Bahn Stuttgart
„Mit den stetig wachsenden Fahrgastzahlen in den Metropol-Verkehren steigt die Anforderung an ein möglichst reibungsloses Ein- und Aussteigen. Darum geht es auch bei unseren Investitionen für ein Redesign der Stuttgarter S-Bahnen. So wollen wir durch farbliche Markierung der verschiedenen Servicebereiche auf der Zugaußenseite unseren Fahrgästen die Orientierung beim Einsteigen erleichtern, um Haltezeiten zu reduzieren.“
Julian Fordon, Dipl. Industrial Designer Marketingstrategie und -kommunikation DB Regio AG
Wie würden Sie das neue Außendesign der S-Bahn Stuttgart charakterisieren?
„Mit der neuen Außenlackierung haben wir nur eines im Fokus – den Nutzen für den Fahrgast. Insofern haben wir dem Design den Namen „S-Bahn Pur“ gegeben. Wir setzen ein Leitsystem ein, das mit einer farblichen Codierung der spezifischen Funktions- beziehungsweise Servicebereiche des Zuges arbeitet. Die Fahrgäste werden durch Farbe und Piktogramme bewusst zu dem von Ihnen gesuchten Bereich gelenkt. Dies funktioniert selbsterklärend und ist in jeder Situation klar sichtbar. Weil bei den dichten Takten der S-Bahnen jede Sekunde zählt, erwarten wir, dass das neue Außendesign in Zukunft zur Verbesserung der Qualität beitragen kann."
Können Sie die besseren Orientierungsmöglichkeiten an einem Beispiel erläutern?
"Wer kennt die Situation auf dem Bahnsteig nicht: Wenn mehrere Fahrgäste vor einem stehen, sieht man nicht, wo man mit dem Fahrrad, Koffer oder Kinderwagen den entsprechenden Zugteil findet. Auf dem Bahnsteig heißt es dann gegen den Fahrgaststrom ankämpfen und dabei geht bis zur Abfahrt eines Zuges wertvolle Zeit verloren. Deshalb ist es wichtig, wenn man sozusagen über die Köpfe der anderen Fahrgäste hinweg Orientierung hat. Dazu haben wir die farblichen Symbole auch oben am Fahrzeug angebracht. Je früher wir den Reisenden lenken können desto besser."
Was hat es mit der Komposition der Farben auf sich?
"Die Mehrzweckabteile für Rollstühle, Kinderwagen und Fahrräder werden in blauer Farbe und die Servicebereich der 1. Klasse werden in gelber Farbe außen über die gesamte Breite des Bereiches als farbige Vignettenflächen markiert und mit entsprechenden Piktogrammen gekennzeichnet. Die Kennzeichnung der 1. Klasse in leuchtendem Gelb ist den Bahnfahrgästen durchaus geläufig. Mit der blauen Farbe für die Mehrzweckabteile orientieren wir uns an der Symbolfarbe für die Region. Diese farblichen Akzente können aber nur in reduzierter Farbumgebung wirken kann. Deshalb ist die neue Grundfarbe der Fahrzeuge Lichtgrau. Um die in den Metropolenverkehren für schnelle Fahrgastwechsel wichtigen Türbereiche deutlich erkennbar zu halten, bekommen diese einen Anstrich in der Kontrastfarbe Schwarzgrau."
Matthias Fischer, Geschäftsführer/Industriedesigner Neomind Designstudio
Wie entwickelt man Ideen für die Gestaltung der Innenräume von S-Bahnen?
"S-Bahnen sind in Metropolgebieten die wichtigsten Verkehrsmittel für die Mobilität der Menschen. Auch wenn das Bewusstsein für klima- und umweltfreundliche Mobilität zunimmt, werden die Ansprüche an Komfort und Service im ÖPNV ja nicht geringer – sondern im Gegenteil. Für die Gestaltung der Innenräume von S-Bahnen sind drei charakteristische Merkmale maßgeblich. 1. Fahrgäste kommen in dichter Taktung und in großen Mengen. 2. Die Fahrgäste der S-Bahn sind eine sehr heterogene Gruppe was ihre konkreten und sehr vielschichtigen Fahrtbedürfnisse betrifft. 3. Die durchschnittliche Verweildauer der Fahrgäste ist mit rund einer Viertelstunde relativ kurz. Darauf bauen dann unsere kreativen Ideen auf. Zum Beispiel bezogen auf die Barrierefreiheit: Was können wir am Status Quo für einen besseren Zugang für Rollstühle und Kinderwagen ändern. Bezogen auf Anschlussmobilität: Gibt es Möglichkeiten, Mehrzweckbereiche für Fahrräder zu erweitern?. Bezogen auf die Rush-Hour: Wie können wir den Stehkomfort verbessern? Oder auch Allgemein: Wie können wir Gruppen ein flexibleres Aufenthaltsangebot ermöglichen?“
Welche Rolle spielt beim Redesign der Innenelemente die Digitalisierung?
"Wir kennen das aus unserem Alltag. Die Digitalisierung begegnet uns zwischenzeitlich in allen Lebensbereichen – und somit natürlich auch bei der Mobilität. Die schnelle Entwicklung der digitalen Technik stellt uns aber auch vor eine große Herausforderung. Was wir heute entscheiden und umsetzen, soll den Fahrgästen ja für absehbar lange Zeit nutzen. Zum einen nutzen die Fahrgäste die Fahrzeit heute viel flexibler. Für Arbeit, Information und Unterhaltung werden immer mehr elektronische Geräte verwendet und genutzt. Dem wollen wir Rechnung tragen, in dem es Sitzreihen mit Doppelsteckdosen geben wird. Zum anderen werden mit der Ausweitung des Angebots im ÖPNV die Reiseketten komplexer. Das erhöht den Informationsumfang. Dazu wollen wir weitere Monitore im Fahrzeug ergänzen, über die die Fahrgastinformation verbessert wird."
Wird es neue Services für den Fahrgast geben?
"Daran arbeitet die Bahn natürlich. Wir wollen ja alle nicht nur den Erwartungen der Fahrgäste entsprechen, sondern auch Services entwickeln, mit denen wir für die Attraktivität des ÖPNV neue Standards setzen. Deshalb wollen wir in allen Fahrzeugen ein technisches Zählsystem integrieren, welches die Zahl der einsteigenden und aussteigenden Fahrgäste in einem Zug erfasst. Dadurch erhofft sich die S-Bahn Stuttgart in absehbarer Zeit, eine Auslastungsanzeige der Bahnen in den digitalen Fahrplanservices abbilden zu können."